Am Sonntag vor dem Shakedown in Willofs meldet sich Olaf telefonisch und erklärt, wo der Servicepunkt aufgebaut wird und wann ich mich dort melden soll. Die Anreise verläuft problemlos, der Servicepunkt vom ProRallye-Team ist nicht zu übersehen. Meine Frau und meine 9-jährige Tochter sind auch dabei und wir melden uns beim Service Team. Olaf steht mit dem feuerroten Spaßmobil unter dem Servicezelt. Als er den Wagen anwirft und mit dem ersten Mitfahrer den Service verläßt wird es laut, sehr laut. Meiner Frau bleibt der Mund offen stehen, meine Tochter hält sich die Ohren zu und ich denke “YES”.
Alex empfängt uns herzlich und bittet uns ins Servicefahrzeug zur Vorbesprechung. Alle sind sofort per Du. Das ganze Team ist super nett. Maskottchen Thai, der 2-jährige braune Labradorrüde, beschäftigt das Service Team während Olaf unterwegs ist. Hinter dem Servicepunkt hat das Team den Grill angeworfen. Alex bietet allen Getränke und Würstchen an. Die Würstchen lehne ich dankend ab, “besser nach der Mitfahrt”. Alex lacht und fragt, ob ich denn nervös sei … natürlich bin ich das, ich weiß nicht, was mich erwartet.
Im Servicemobil gibt uns Alex einen Crashkurs in Rallye-Kunde: Bordkarte, Roadbook und natürlich den Aufschrieb. Allmählich wird mir bewußt, wer beim Rallyefahren die meiste Arbeit hat. Jetzt müssen wir noch etwas warten; Thai hat zwischenzeitlich die Schinkenbrötchen in unserem Rucksack erschnuppert und rückt uns nicht mehr von der Seite. Olaf kommt noch 3-mal zum Servicepunkt, dann bin ich an der Reihe.
Jetzt muß es schnell gehen, Rennkombi überziehen, Sturmhaube auf, Helm drüber. Olaf steht mit laufendem Motor unter dem Servicezelt. Mein Adrenalinspiegel steigt, jetzt bin ich richtig nervös. Ich klettere auf den engen Beifahrersitz, es riecht nach Sprit; einer der Teammechaniker zurrt mich mit dem 6-Punkt-Gurt im Schalensitz fest und verbindet den Helm mit der Sprechanlage. Shakehands… “Hallo, ich bin Olaf” ist das erste, was ich höre. Ich stelle mich vor und bekomme meinen Adrenalinpegel wieder einigermaßen in den Griff. Es ist noch Zeit für ein Erinnerungsfoto, dann geht die Tür zu und los geht´s ca. 800m durch den kleinen Ort Willofs Richtung Start.
Auf dem Weg zum Start erklärt Olaf alles, was ich über den Porsche wissen will. Das Wichtigste am Porsche sei aber die hydraulische Handbremse, Dr. Drift grinst. Am Start haben sich auch am Donnerstag Abend viele Zuschauer eingefunden, wir werden von allen Seiten fotografiert und gefilmt. Kein Wunder, auch dieses Jahr ist der rote ProRallye-Porsche wieder das spektakulärste Auto der DRM. In der Seitentür auf der Beifahrerseite aktiviere ich die Inboard-Kamera. Vor uns steht noch ein weiterer Wagen am Start und wartet.
Noch einmal ein Handshake für die Kamera und ich weiße Olaf darauf hin, daß ich ihm gerade mein Leben anvertraue. Ich versuche meine Sinne auf das Wesentliche zu konzentrieren als Olaf zur Startlinie fährt. Der Starter hält uns die Startflagge vor die Wundschutzscheibe. Dann geht es verdammt schnell, Olaf jagt den Motor mit kurzen Gasstößen in den Begrenzer, 3… 2… 1… los.
Ach Du sch***e, bis zur ersten Kurve bekomme ich keine Luft und meine Gesichtszüge entgleisen völlig. Erst dann fasse ich mich und kann mich auf die Strecke konzentrieren. Links, rechts, kurze Gerade… die Verzögerungen vor den engen Kurven sind der Hammer. Mein Kopf kippt im Rhythmus der Bremspunkte vor und zurück, das ist meine Nackenmuskulatur nicht gewöhnt. Jedes Mal, wenn Olaf zum Griff der hydraulischen Handbremse greift, muß ich bis über beide Ohren grinsen. Nur Sekundenbruchteile nachdem er den Griff gehen läßt, kommt das Heck des Porsche; mit kurzen brüllenden Gasstößen zirkelt Olaf um die engen Kurven der Feldwege.
Meine Sinne habe ich im Griff und ich genieße diesen Ritt. Auf einer längeren Geraden finde ich Zeit Olaf von der Seite zu beobachten. Sein Gesichtsausdruck ist total entspannt, aber konzentriert. Alle Hand- und Fußbewegungen sind ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Während der ganzen Fahrt sage ich aber besser keinen Ton, ich möchte Olaf nicht ablenken. An einigen markanten Stellen der WP stehen Zuschauer und ich kann es mir nicht verkneifen aus der Seitenscheibe heraus zu grüßen, ist das cool. Auch die letzte Kurve vor dem Ziel, eine Rechts 3+ glaube ich, geht komplett quer. Auf der Zielgeraden hält Olaf noch mal voll drauf, auch als wir am Zielpunkt bereits vorbei sind. Dann ist es auch schon vorbei. “Und, wie war´s?”, fragt Olaf. Mir fällt nichts anderes ein wie “GEIL!”.
Auf dem Weg zurück zum Service öffnet Olaf die Fahrertür, erst jetzt wird mir bewusst, wie heiß es im Innenraum ist, trotz Außentemperaturen um die 10ºC. Ein Dauergrinsen macht sich im meinem Gesicht breit; bei so einer Fahrt auch noch das Gebetbuch vorlesen, kann ich mir aber nicht vorstellen.
Es käme aber auf einen Versuch an…. Leider war die WP nur 2,5km lang und der ganze Spaß ist ziemlich schnell vorbei, dafür aber sehr intensiv. Achtung: Suchtgefahr!
Vielen Dank an Olaf, Alex und das ProRallye-Team für dieses unvergeßliche Erlebnis und natürlich viel Erfolg für die Saison 2010!
Heiko